Osteopathie

Der Körper als Einheit

Für die Osteopathie gilt die Einheit des Körpers als grundlegend für die osteopathische Philosophie vom Leben und der Gesundheit. Ein Körper wird immer als Ganzes auf ein Problem reagieren und versuchen, alle Funktionen aufrecht zu erhalten. Eine Zergliederung in Organe oder Extremitäten entspricht nicht dem osteopathischen Verständnis. So hat z.B. eine Narbe oder Festigkeit eines Körperbereichs Auswirkungen auf den gesamten Organismus.

Struktur und Funktion in wechselseitiger Abstimmung

Alle Strukturen (Organe, Muskeln, Knochen) und Funktionen (Atmung, Verdauung) sind in ständiger Bewegung und Kommunikation aufeinander abgestimmt. Ist die Eigenbewegung eines Bereichs oder eines Organs verringert oder verhindert, kann es zu Funktionsstörungen kommen. Z.B. kann ein zu festes Zwerchfell die Bewegung der Lunge verändern und damit ihre Belüftung einschränken. Umgekehrt kann ein Problem der Lunge die Beweglichkeit des Brustkorbs einschränken. So beeinflussen sich Struktur und Funktion gegenseitig.

Leben ist Bewegung

Jede Zelle, jedes Organ im Körper ist in ständiger Bewegung, um alle Funktionen aufrecht zu erhalten. Das bedeutet, dass bei einer osteopathischen Behandlung das Augenmerk immer auf die Struktur und die Funktion gelegt wird. Die Beweglichkeit eines Bereichs (Mobilität) und seine Eigenbewegungen (Motilität) sowie eine gute arterielle Ver- und venolymphatische Entsorgung sind nach osteopathischem Verständnis für die Gesundheit notwendig.

Der Körper kann sich selbst helfen

In der Osteopathie geht es nicht um Krankheitsbilder und deren Reparatur, sondern vielmehr um die Frage: Wie funktioniert dieser Körper als Ganzes in den Herausforderungen des Alltags wie z.B. langes Sitzen am PC, Schlafmangel, herausfordernde Lebenssituationen? Welche Bereiche weisen Besonderheiten auf (z.B. Haltungsmuster, Elastizität) und wie geht der Körper als Ganzes damit um? Häufig genügt ein kleiner Stressor (z.B. Auskühlen), um Beschwerden auszulösen, wenn der Körper bereits längere Zeit ein Problem kompensiert.

Ziel der osteopathischen Behandlung ist das Erkennen und Beheben von Mobilitäts- und Motilitätsstörungen, um dem Körper danach die Möglichkeit zu geben, in einer Phase der Reorganisation ein neues Gleichgewicht im Sinne der Integration zu finden. Das Benennen konkreter Krrankheitsbilder ist an dieser Stelle rechtlich nicht zulässig, da dies als Heilsversprechen gedeutet werden könnte.

Grenzen der Osteopathie

Die Grenzen der Osteopathie sind da erreicht, wo die Reparationsfähigkeit des Körpers vollkommen erschöpft ist. Medizinische Notfälle, schwere und akute Erkrankungen, sowie seelische Erkrankungen bedürfen einer anderen Herangehensweise. Daher ist eine ausführliche Anamnese vor der Behandlung unerlässlich.

Geschichte der Osteopathie

Der amerikanische Arzt Dr. Andrew Taylor Still (1828-1917) wandte sich nach dem Tod seiner ersten Frau und seiner Kinder von der Schulmedizin ab, um eine neue Medizin zu finden. Dr Still war davon überzeugt, dass der Mensch und das Universum als Gottes Schöpfung perfekt sind, und es nicht eines invasiven Eingreifens bedarf, um Gesundheit wieder herzustellen. Da es im "Wilden Westen" keinerlei Infrastruktur gab, besann er sich auf die Anatomie, den Bauplan des Menschen und kam zu einem neuen Verständnis von Gesundheit und Krankheit. Es ging ihm darum, den Körper durch eine gezielte manuelle Behandlung wieder in die Fähigkeit zu bringen, sich selbst zu reparieren und den störungsfreien Fluss der Körpersäfte zu ermöglichen.

Obwohl er grossen Schwierigkeiten ausgesetzt war und sogar von Familienmitgliedern als Quacksalber beschimpft wurde, waren seine Behandlungserfolge so gut, dass er bald eine Schule gründete und bis zu seinem Lebensende Frauen und Männer in Osteopathie ausbildete.

Dr. Still wurde zunächst als "blitzschneller Knochen-Einrenker" bekannt, behandelte aber selbstverständlich auch innere Organe. Die Osteopathie wurde durch William Garner Sutherland (1873-1939) um die kraniosakrale Osteopathie erweitert und in den 1980er Jahren durch die französischen Osteopathen Jaques Weiseneck und Jean-Pierre Barral um die viszerale Osteopathie.

Die Osteopathie zählt in Deutschland zur Heilkunde. Die Heilkunde dürfen nach deutschem Recht nur der Arzt und der Heilpraktiker selbständig ausüben. In den USA wird die Osteopathie von Ärzten ausgeübt (DO-Doctor of Osteopathy). Einen eigenständigen Beruf Osteopathie gibt es derzeit nur in England. Die Etablierung eines eigenständigen Berufes Osteopath in Europa wird angestrebt.